Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Montag, 1. November 2010

Der Haftende Zwischenraum

Es ist spät, der Tag war viel zu lang. Wie spät es ist merke ich letztendlich daran das ich im ganzen Zugabteil alleine sitze und sich im Fenster nicht einmal mehr der Grundriss der Umgebung abzeichnet sondern nur mein Spiegelbild weil man draußen nicht einmal mehr die eigene Hand vor Augen sehen könnte.
Weil ich die Auswahl habe setze ich mich natürlich auf die bequemsten Sitze. Auf den 4er Block mit Tisch , Strom und vorallem Beinfreiheit. Ich kann ausnahmsweise die Lehne nach Hinten fahren ohne zu riskieren das von hinten böses Genmurre kommt, weil mein Hintermann seinen Kaffee über den Anzug verteilt hat.
Zugfahren kann entspannend sein. So kommt eine Haltestelle nach der anderen. Bis sich irgendwann auch jemand in mein Abteil verirrt. Ich muss gestehen, auf diesen Ruhestörer hab ich nur gewartet. Ein Mann. Nein nicht irgendeiner. Der Mann! Scheint er hatte genau so einen Tag wie ich, so das es mich nicht wundert als sich unsere Blicke treffen. Als hätten wir auf diese Begegnung gewartet. Ungeniert tasten unsere Augen einander ab. Führen einen vorabcheck durch. BESTANDEN!
Mir egal ob er Frau und Kinder hat. Das ist mein Abteil und er wird ja wohl nicht zufällig hier sein. Er wurde zu mir geführt. Der Tag ist gerettet. Weil es nicht schöner kommen kann setzt sich dieses Prachtexemplar auch direkt mir gegenüber, ist ja auch sonst nieirgendwo Platz. Ich bin dankbar die Aussicht ist verschönert. Welch Dekorative Erscheinung er doch ist. Meine Gedanken verirren sich. Erforschen. Wahrscheinlich grinse ich gerade wie ein kleines Schuldmädchen was aber keine große Rolle Spielt den was ich in seinem Lächeln lesen kann ist das in ihm ungefähr das gleiche vorsich geht. Ob er ein Schriftsteller ist? Ein Erfolgreicher Finanzmanager? Ein Ingenieur wohlmöglich. Eins ist sicher er ist erfolgreich! Nichts was diese Hände anpacken könnte schief gehen. Wenn er doch anpacken würde.
In seinem Kopf scheint ein gigantisches Kraftwerk zu fungieren. Ich lehne mich zurück, er überlegt sich sicherlich etwas fantastisches um das Eis zu brechen.
Und da es regt sich was, seine Hand wandert zu seiner Tasche, gespannt verfolge ich jede seiner Bewegungen. Er zieht eine Packung Kaugummis heraus. Übrigens kein Ring am Finger. Gutes Zeichen.
Er zieht einen Kaugummi heraus zieht das Papier ab, da ist es um mich geschehen ich stelle mir vor wie diese Hände mein Kleid statt dem Papier lösen. Als wüsste er das ich meine Augen nicht von ihm lassen kann schiebt er sich bedächtlich den Kaugummi in den Mund. Ich will von diesen Lippen geküsst werden. Jetzt sofort, auf immer.
Plötzlich zerreist ein ekelhaftes Geräusch den Raum, die Romantik, mein Verlangen. Es ist dahin. Wo kommt es her? Es hört sich nach unglaublich viel Flüssigkeit an. Es löst sofort ein schaudern aus. Alle meine Nackenhaare stellen sich automatisch auf. Mein Körperverkrampft. Was zur Hölle ist das?! Hört er das auch?! Genau in diesem Augenblick hör ich das Krachen meiner Zerplatzen Traumblase. Er macht Luftballons mit dem Kaugummi, nicht sofort, erst kaut er wie eine wiederkäuende Kuh auf dem Stück Gummi dabei entstehen diese Schmatzgeräusche, die ihn dazu animieren Luftballons zu blasen und diesen Schritt immer wieder aufs neue zu wiederholen.
Von allen freien Plätzen muss der sich mir gegenüber setzen?! Soll ich Taub werden durch diese Ohrenbetäubenden Schmatzgeräusche?! Augenkrebs bekommen durch diesen Kuhmenschen?!

Alles was ich jetzt will ist eine Vollbremsung des Zugs, bei der ich in seine Richtung Geschleudert werde und mit meiner Faust in seinem Mund lande. Dann wäre Ruhe.
Ein Vorschlaghammer wäre auch nicht schlecht um ihm alle Zähne auf einen Schlag zu ziehen. Um dann alleine in die Nacht zu fahren.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen